Pfarrfrau Erna Roder
Ihr Leben - Ihr Wirken!
Erna Roder ist am 19 Mai 1916, im schlesischen
Langhelwigsdorf, als Erna Hulda Selma Hofmeister geboren, und hatte durch den
zweiten Weltkrieg ihre Heimat durch Krieg und Flucht, wie viele andere in
Schlesien, verloren. Als gelernte Krankenschwester hatte sie viele Jahre dort
geholfen, wo sie gebraucht wurde. Am 27.08.1939 wurde sie zum Kriegseinsatz nach
Breslau versetzt. Später wurde sie als Kriegsschwester dem DRK-Mutterhaus
Augusta-Hospital zugeteilt. Sie wirkte als Rotkreuzschwester und später in einem
katholischem Krankenhaus. In Hörstgen war sie fast elf Jahre
Gemeindekrankenschwester bis sie dann vom Rhein an die Oder, nach Kienitz kam,
um den damaligen Kienitzer Pfarrer Roder bei seiner schweren Arbeit zu helfen.
Ihre ruhige, hilfsbereite und einfache Art zu leben verhalf sie zur "guten
Seele" von Kirche und Gemeinde.
Nun wurde Kienitz ihr neues zu
Hause. 1981 verstarb ihr Mann durch eineer Asthmaerkrankung. Von diesem Zeitpunkt
wohnte Erna Roder nun allein in der Einliegerwohnung in der Kirche. Lange Zeit
war die Pfarrstelle in der Kienitzer Kirche ausgeschrieben, blieb jedoch
unbesetzt. Da die Kirche aus den letzten Kriegstagen noch immer schwere Schäden
hatte, tat Frau Roder nun daran, Geld für den teilweisen Wiederaufbau zu
sammeln.
Bild: Erna Roder während ihrer liebsten
Beschäftigung
Sie fing an
Bilder auf unendlich verschiedenen Arten zu Malen. Sie besorgte sich
Tonscherben, alte Bretter, Schiefertafeln und andere Utensilien, worauf sie nun
ihre Motive malte. Die Motive, die angrenzenden Oderwiesen oder auch wie so oft
die Kirche, ihre Kirche. Diese Bilder verkaufte sie schließlich. Erst schleppend
doch dann wurden es immer mehr. In den achtziger Jahren wurde nun endlich soviel
Geld gesammelt, damit das notwendige Baumaterial beschafft werden konnte. 1986
wurde die Kirche neu verputzt. Hilfe von staatlicher Seite konnte sie kaum
erwarten. Mit Beginn der Wendezeit 1990 hatte sie die Idee, einen Kalender mit
ihren selbstgemalten Bildern herauszugeben. Diesen gab es von 1992 bis 2002.
Auch diese Einnahmen wurden zum Erhalt der Kirche verwendet. 1991 erhielt die
Kirche eine neue elektrische Turmuhr. Auf der Tafel steht "Meine Zeit steht
in deinen Händen", wie auch das Lebensmotto von Erna Roder. Sie ist 1994
zur Ehrenbürgerin der Gemeinde Kienitz und Brandenburgerin des Jahres gekürt
worden. Regine Hildebrand und Manfred Stolpe gehörten ebenso zu ihren Gästen,
wie die vielen Touristen, die Kienitz auf ihrer Reise beehrten.
Ja es ist schon etwas besonderes, wenn man
von sich sagen kann: "Ich habe Erna Roder gekannt".
Zum
Anlass ihres 90. Geburtstages, gab es eine
Fotoausstellung in der Kienitzer Kirche und eine große Retrospektive in der
„Alten Dampfbäckerei Seelow“. In der Seelower Ausstellung
waren über neunzig Leihgaben aus privatem Besitz, darunter viele Originalwerke,
persönliche Dokumente und Gebrauchsgegenstände, historische Fotos zu sehen.
In einer dazu erschienenen Broschüre,
„Erna Roder – Pfarrfrau und Malerin“ , wird insbesondere das Engagement von
Erna Roder für die Erhaltung der Kirche und ihr künstlerisches Wirken in Wort
und mittels vieler Bilder gewürdigt.
Ihre Bilder sind schlicht und dennoch eine Liebeserklärung an die Natur und ihre
Heimat.
"Mit
der Ausstellung in der "Alten Dampfbäckerei" in Seelow, vom 20.Mai bis 01.Juli
2006 und dieser Broschüre solle die Persönlichkeit Erna Roder und ihrem
vielfältigem Wirken Würdigung finden sowie erstmalig ihr künstlerisches Schaffen
in der Gesamtheit dargestellt werden (Wortlaut, Vorwort der Broschüre)."
Diese Broschüre zeichnet
eindrucksvoll das Leben und das Werk der Kienitzer Pfarrfrau nach. Mit vielen
Abbildungen ihrer Werke, Gedanken und Anekdoten kann der Leser sich ein kleines
Bild davon mach, wie Frau Roder ihre Welt sah.
Mit ihren
Werken, die sie verkaufte um das Geld für die Renovierung der Kirche zu
beschaffen, hatte sie sich in die Herzen der Menschen gemalt. Besucher die nach
Kienitz kamen und entlang des Deiches fuhren, hielten oft an der Kirche, um den
Klang der Orgelmusik oder ihre Melodien gespielt von einer alten Blockflöte zu
hören. Manchmal hatten sie auch Glück und trafen Erna Roder irgendwo am Deich
oder in den Wiesen sitzend, wo sie auf Schiefertafeln, Papptafeln, auch auf
alten Stullenbrettchen, oder anderen Dingen Bilder von dem malte, was sie
bewegte oder gerade sah. Sie hatte auch nie geplant was gerade gemalt werden
sollte. Mal mit Wasserfarben, mal mit Kreide oder manchmal auch in Öl erschuf
sie Bilder von ihrem Lieblingsobjekt, die Kirche. Ihre Kirche, das Gotteshaus
für das sie schon seit den 50ger Jahren Bilder gemalt und aus den
Verkaufserlösen verdiente Geld an die Pfarrei für die Kienitzer Kirche schickte.
Die
Kienitzer und viele andere Menschen schätzen das Lebenswerk von Erna Roder,
welches über den Erhalt des Kirchengebäudes weit hinausgeht. Sie nahm sich der
schwachen in unserer Gesellschaft an und fragte dabei nicht nach Herkunft oder
Zugehörigkeit. Sie half, wo menschliche Not herrschte, ob es Kinder waren,
schwer erziehbare Jugendliche, kranke oder alkoholabhängige Menschen. Helfen
ohne gefragt zu werden was das, was sie besonders auszeichnete. Zu jeder Zeit
hatte sie ein offenes Ohr und sagte unverblümt auch schon einmal ihre Meinung.
Die Kienitzer Kirche wird auch künftig interessierten Besuchern offen
stehen. Im Gemeinderaum ist eine ständige Ausstellung mit vielen Werken von Erna
Roder zu sehen.
Im Gedenken an eine Frau mit Herz
Am
29.November 2007 verstarb Erna Roder im Alter von 91 Jahren im Altenheim in
Letschin. Tiefe Trauer erfüllt die Gemeinde Kienitz. Jeder der sie kannte konnte
immer irgend eine kleine Geschichte von oder über sie erzählen. Am Freitag den
06. Dezember 2007, um 13:00 Uhr wurde Erna Roder im Beisein ihrer
Familienmitglieder, Freunde und Bekannte und Bürger aus Kienitz und den anderen
Ortsteilen zu ihrer letzten Ruhestätte begleitet. Viele der über Siebzig
Trauergäste wurde erst jetzt bewusst, dass es ein Mensch wie Erna Roder nur
einmal gibt.
Sie hat in ihrem Leben viel bewirkt.
Danke Erna. Danke für die vielen
schönen Stunden. Danke für die vielen kleinen Gesten. Danke für die schönen
Lieder, die wir als Kinder hören durften während wir in der Schule, gleich neben
der Kirche, waren.
Sie wird uns fehlen.
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